Warming Stripes for 1850-2018
using the WMO annual global temperature dataset

Graphics by Ed Hawkins.  https://www.climate-lab-book.ac.uk/ 

Statt einer detaillierten Darstellung der technischen Systeme und Möglichkeiten für die Energiewende und den Klimaschutz, hier eine kurze persönliche Darstellung zur Klimakrise und zu den notwendigen, daraus folgenden Veränderungen.  

Klimakrise
 
Der Einsatz fossiler Energien hat das Leben auf der Erde in relativ kurzer Zeit maßgeblich verändert. Der enormen Steigerung des materiellen Reichtums für einen Teil der Menschheit, vorwiegend in den Industriestaaten, stehen teils verheerende Umweltschäden gegenüber. Die moderne Zivilisation mit Städtebau, Verkehr, Bergbau und Landwirtschaft hat auf allen Kontinenten Naturräume zerstört und zu Artensterben geführt. Die Regenerationsfähigkeit unserer natürlichen Lebensgrundlagen Wasser, Boden und Luft ist in höchstem Maß bedroht. Für viele dieser Schäden ist die fossile (und in begrenztem Umfang auch die atomare) Energienutzung mitverantwortlich. 
Wenn wir diese Gefahren vermeiden und uns und unseren nachfolgenden Generationen einen halbwegs intakten Planeten bewahren wollen, dann müssen wir schnellstmöglich auf erneuerbare Energien umschwenken. Schnellstmöglich heißt: jetzt
 
Erneuerbare Energien
 
Seit dreißig Jahren wird die Energiewende behindert, verschlafen, verschoben, ausgesessen. Inzwischen ist die Zeit für Ausreden endgültig vorbei. Auch die Zeit für einen langsamen und allmählichen Übergang ist abgelaufen. Umso rascher und konsequenter muss daher nun der Umbau der Energiesysteme in die Wege geleitet werden. 
Dabei wird es in vielen Bereichen zu grundlegenden Veränderungen kommen, die zunächst auf Unverständnis stoßen. Beispiel hierfür ist das alte, auf Grundlastkraftwerken basierende Konzept der Stromerzeugung. Dieses ist mit den neuen Anforderungen an schnell regelbare Erzeugungskapazitäten nicht mehr kompatibel. Das Design der Energiesysteme muss sich zukünftig an den volatilen Erzeugungskapazitäten der erneuerbaren Energien orientieren. 
Die Energiewende betrifft aber nicht nur den Stromsektor. Auch Wärme, Mobilität und Industrieprozesse müssen baldmöglichst auf erneuerbaren Energien umgestellt werden. Dies alles setzt erhebliche Veränderungen bei Produktion, Verteilung, Speicherung und Nutzung von Energien voraus. 
 
Große Transformation
 
Die Menschheit steht an einem Scheideweg: zerstören wir in absehbarerer Zeit die Lebensgrundlagen auf unserem Planeten, oder schaffen wir es, auch zukünftigen Generationen ein gutes und würdevolles Leben zu ermöglichen? Um die Regenerationsfähigkeit der Ökosysteme zu erhalten, um das Artensterben nicht weiter anzutreiben, um auch weiterhin von und mit der Erde leben zu können, müssen alle menschlichen Systeme, die massiv in den Naturhaushalt eingreifen, umweltverträglich gestaltet werden. Das betrifft neben der Energieerzeugung die Landwirtschaft, den Verkehr, die Chemie und – mittelbar – auch unser Wirtschaftssystem. Ein „Weiter so!“ würde unweigerlich zu katastrophalen Folgen führen. 
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung hat bereits 2011 eine große Studie zu den globalen Umweltveränderungen veröffentlicht (Welt im Wandel: Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation, WBGU 2011). Fazit dieser Studie ist, dass die Menschheit eine grundlegende Veränderung ihrer Wirtschafts- und  Produktionsweisen sowie ihrer Konsumgewohnheiten vornehmen muss, wenn sie der Gefahr von katastrophalen Umweltschäden und dramatischen sozialen Verwerfungen in gar nicht so ferner Zukunft begegnen will. Dieser Wandel ist eine enorme Herausforderung, nicht nur in technologischer und ökonomischer Hinsicht, sondern insbesondere auch kulturell. Denn es drängt sich sofort die Frage auf:  wollen wir wirklich von liebgewonnenen Gewohnheiten loslassen und Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen für etwas das man (noch) nicht sieht, noch nicht erfahren kann, das nur als Horrorvision an die Wand gemalt wird? Die Antwort der Gesellschaft war bisher: wir wollen diese Veränderung nicht – so jedenfalls nicht. Wir hätten die Transformation gerne im Light-Format und mit Rücktrittsmöglichkeit. Und das gilt nicht nur für Klimaskeptiker, sondern für den überwiegenden Teil unserer (westlichen) Gesellschaft – die meisten Energiewendeaktivisten und mich eingeschlossen. Offenbar sind unsere emotionalen Widerstände noch deutlich größer als der Wunsch nach Veränderung. Der Wandel wird nicht von selbst geschehen, schon gar nicht durch die Kräfte des Marktes. Er muss von den Menschen bewusst gestaltet werden. Umso wichtiger ist es sich zu fragen: 
– Was hindert uns daran, das Gute und Notwendige zu tun? Was hält uns gefangen?
– Was könnte uns den Mut und die Zuversicht geben, den Entschluss zu wirklicher Veränderung zu fassen? 
– Mit welchen Mitteln und auf welchen Wegen könnte die Große Transformation in Gang gesetzt werden?
 
Die Vision
 
Um den unbequemen Anforderungen des angestrebten Wandels angemessen begegnen zu können, und auch um den dafür notwendigen langen Atem aufbringen zu können, brauchen wir ein Leitbild, eine Vision. Das Szenario einer zukünftigen Katastrophe reicht offenbar als Handlungsmotivation nicht aus. Auch Raucher lassen sich durch die schlimmsten Bilder auf ihren Zigarettenschachteln nicht vom Rauchen abhalten. Was Menschen aber dauerhaft motiviert sind die Fragen nach Sinn und Gerechtigkeit. Sinn macht die Transformation, weil sie jeden Einzelnen von uns in einen großen Zusammenhang stellt, und sie trägt zur Gerechtigkeit bei, weil es ungerecht ist, wenn wenige so leben, dass es auf Kosten von vielen und von zukünftigen Generationen geht. 
Viele Menschen sind frustriert und glauben nicht mehr an eine „Rettung der Welt“. Sie geben Politikern, Wirtschaftsbossen und dem Kapitalismus die Schuld, dass sich nichts verändert. Und in der Tat gibt es Vieles, was man an den herrschenden Verhältnissen kritisieren und beklagen könnte. Doch eine pauschale Schuldzuweisung ist weder angemessen noch hilft sie weiter, und sie lenkt von den notwendigen eigenen Aktivitäten ab. Zugegeben, wir stehen vor großen Herausforderungen, von denen wir in vielen Punkten nicht einmal ahnen, wie wir sie angehen, geschweige denn bewältigen können. Was wir brauchen ist daher zuallererst Mut und Kreativität. Mut deshalb, weil uns vor der Größe der Aufgabe leicht die Angst beschleichen kann, dass wir den Herausforderungen nicht gewachsen sein könnten. Und Kreativität ist gefragt, weil Neues gefragt ist, weil viele alte und bekannte Lösungen nicht mehr tauglich sind. 
 
Mut und Kreativität
 
Wer mutig ist muss kein großer Held sein. Man muss dafür nicht gleich sein Leben aufs Spiel setzen. Mut zeigt sich auch in den vielen kleinen Entscheidungen des Alltags. Ein kleiner mutiger Schritt pro Tag kann sich im Lauf eines Jahres zu einem großen Sprung addieren, den man auf einmal nicht geschafft hätte. Wer eine solche Erfahrung macht wird darin bestärkt, die kleinen Schritte immer wieder zu tun, statt nur zu jammern, dass die große Veränderung nicht zustande kommt. Oder auf eine Kurzformel gebracht: A risk a day keeps frustration away.
Die zweite Voraussetzung für Veränderung, die Kreativität, mag vielen ebenfalls als zu große Hürde erscheinen. Kreativität klingt nach Genie, nach Kunst, nach außerordentlichen Fähigkeiten. Doch bei Kreativität geht es nicht um Spitzenleistungen, sondern um das spielerische Schaffen von Neuem aus Vorhandenem. Jedes Kind ist kreativ, und wir verlernen die Kreativität auch als Erwachsener nicht. Doch allzu oft vergessen wir unsere kreativen Potentiale, ja wir schütten sie sogar selbst zu: durch zu viele Pläne und zu enge Vorstellungen davon, wie etwas zu sein hat, durch Ablenkung, durch Multitasking, durch Stress und durch Angst, den Anforderungen nicht zu genügen. 
Kreativ sind wir auf natürliche Weise dann, wenn wir nicht zerstreut und nicht ängstlich sind. Leider ist aber ein großer Teil unseres Arbeits- und Freizeitlebens gerade auf Zerstreuung und Ablenkung gerichtet. Vor allem die neuen Medien unternehmen große Anstrengungen, uns permanent abzulenken und mit Nebensächlichem zu beschäftigen. Dadurch verlieren wir den Blick für das Wesentliche und uns entgleitet die Konzentration auf das, was uns im Inneren bewegt. Ein Gegenmittel gegen diese Ablenkung ist Achtsamkeit.
 
Achtsamkeit
 
Achtsamkeit spielt in vielen spirituellen Traditionen eine zentrale Rolle. Sie wird als Voraussetzung für Weisheit und für ein glückliches Leben angesehen. Ein großer Teil der spirituellen Praxis dreht sich um die Schulung der Achtsamkeit. Dabei geht es nicht um Übernatürliches, sondern um das Einfachste und Unmittelbarste das wir als Lebewesen haben: den aktuellen Moment. Achtsamkeit heißt, mir meines geistigen und körperlichen Zustands in jedem Moment bewusst zu sein. Achtsamkeit beginnt damit, sich bewusst zu werden was man gerade tut. Leider fördert eine riesige Zerstreuungsindustrie unsere tägliche Achtlosigkeitspraxis. Eine bewusste Achtsamkeitspraxis könnte stattdessen unser Glück und unsere Zufriedenheit erheblich steigern. Und uns nebenbei helfen, die notwendigen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen zu beschleunigen. 
In den allermeisten Fällen nehmen wir nicht unsere momentane Umgebung und uns selbst wahr, sondern denken an Vergangenes oder Zukünftiges, wir planen, bewerten, urteilen, schwelgen in Situationen die schon vergangen sind oder erst noch kommen (könnten). Dabei nehmen wir das, was mit uns und um uns herum passiert, nur noch zum Teil wahr. Insbesondere unseren Körper erleben wir dann erst im Zusammenhang mit großen emotionalen Ereignissen. Die feinen und subtilen inneren Regungen und Prozesse bleiben dem Bewusstsein dann verborgen. Doch genau hier liegen unsere Potentiale für kluges und kreatives Handeln. 
 
Raus aus der Krise  
 
Was hat nun Achtsamkeit mit der Energiewende zu tun, und mit der Großen Transformation unserer gesellschaftlichen Systeme? Achtsamkeit ist der Nährboden, auf dem Mut und Kreativität wachsen können, welche wir für die anstehenden Veränderungen brauchen. Und sie schützt uns vor einseitigen und populistischen Erklärungsmodellen, weil wir mit ihrer Hilfe erkennen, dass es nicht nur eine Wahrheit gibt, und meist auch keine einfachen Lösungen. Sie hilft uns gleichzeitig bei der Überwindung des scheinbaren Widerspruchs zwischen der Überforderung angesichts einer kaum noch zu bewältigender Komplexität in unserer modernen Welt, und dem menschlichen Streben nach Vereinfachung und Sicherheit. 
Wenn genügend Menschen der Welt verantwortungsvoll und achtsam begegnen, dann ist die Welt noch zu retten, dann können wir die Klimakrise und die ökologischen Herausforderungen bewältigen. Lassen Sie uns dies zusammen tun!